Dienstag, 26. Januar 2010

Stadtrundfahrt

Kompetenz ist ja immer so eine Sache, auch und gerade in Ländern mit Sprachbarriere. Nach stürmischem Landeanflug auf Rio Internationale also macht sich Pfadfinder Borgmann mit Adresse des neuen Couchsurfers Diogo (23) im Notizblock auf die Suche nach ebensolcher und wähnt sie schnell (zu schnell?) beim des Englischen mächtigen (!) freundlichen jungen Mitarbeiter am Informationsschalter gefunden zu haben.
Zwei Fragen liegen auf dem Herzen: Wie komme ich ohne Inanspruchnahme des mit 117 Real (46 Euro) als zu kostenaufwändig eingestuften Taxis sondern qua ÖPNV nach Sao Gonzalo, und wo kann man hier eine brasilianische SIM-Karte erstehen?
Sachkundig wird auf Shuttelbus Dings verwiesen, der mich zu Terminal Alvorada bringen soll – von dort dann Weiterfahrt mit noch zu ermittelnder Buslinie. Aus Sicherheitsgründen lasse ich mir den Fahrplan schriftlich geben und werde hernach zum Buchladen Bums entsandt, wo der Handel mit SIM-Karten vonstatten gehen soll. Andernfalls könne ich mich auch an die Drogerie Dings 2 wenden, beide hätten Karten im Sortiment. Ich also hin da.

Erste Enttäuschung im Tempel des gedruckten Wortes: SIM-Karte? Hamma nich! Aber bei besagter Drogerie (nach persönlichen Erfahrungen nur der dritt- bis vierbeste Ort, um nach SIM-Karte zu fragen...) solle ich es mal versuchen. Ich also hin da.
Verdutzte Blicke ernte ich bei der Präsentation meines germanischen Telefonchips. So was habe man hier nicht im Programm. Ein deutsches Produkt wolle ich ja auch har nicht haben, aber auch national ist man bei den Shampoohehlern nicht gut ausgerüstet. Sachkundig zeigt sich allerdings die Auszubildende, die auf das Fachgeschäft für Telekommunikationszubehör im Erdgeschoss verweist.
Dort wird mir fündig und wirft fragende Blicke gen Informationsschalter. Am Tresen der Weisheit kennt man sich also nicht einmal im eigenen Flughafen aus, wie soll das dann erst mit dem Weg in andere Stadtteile sein? Folgerichtig wird also Heimschläfer Diogo angebimmelt und in meine Wegplanung eingeweiht. Jaja, am Terminal dann in Bus 484 wechseln, der fährt dann praktisch vor die Haustür. Läuft doch, also hinein in den Shuttleexpress!

Nach preisgünstiger (7 Real) und zeitintensiver (1,5 Stunden) Stadtrundfahrt vorbei an Copacabana (zwei Mal) und Ipanema gelange ich zu der Auffassung, dass Rio als Stadt Potential besitzt und freu mich bei Ankunft an Terminal Alvorada auf morgige Nachbarschaftsbegehung bei Tageslicht. Jetzt nämlich dunkel weil 22.30 Uhr.
Getrübt wird die Vorfreude allerdings von der desillusionierenden Ansage des ersten befragten örtlichen Busfahrers nach Linie 484 gen Sao Goncalo. Solch Vehikel scheint hier unbekannt, was einen erneuten Anruf in der Casa Diogo nach sich zieht. Wo bist du? Alvorada? Da muss ich erstmal im Internet schauen, wo das ist... Nach Niteroi hättest du kommen sollen. Reichlich spät, die Information!
Die Nicht-Existenz von Linie 484 hat ihren guten Grund, ich bin maximal weit von Terminal Niteroi entfernt, quasi am anderen Ende der Stadt. In einer recht noblen Gegen – zum Glück! Lösungsansatz: Ein Bus gen Zentrum solle bestiegen und dort der Anschlussbus gefunden werden. Na denn, macht noch mal 2.30 Real.

Gegen 23.30 Uhr wird die – zum Glück belebte – Station „Centro“ erreicht, per SMS hatte mein Privatnavigator mir den Anschlussbus vermitteln wollen. Bislang ergebnislos. Display verzeichnet keinerlei Aktivität im Funkverkehr. Im nur logisch folgenden Telefonat wird versucht, mir Bus und Ort meiner Anschlussverbindung mitzuteilen, allerdings mit miesem portugiesischem Akzent und daher vollkommen wirkungslos. Die Anforderung einer weiteren Textnachricht wird bejaht, bleibt aber folgenlos.
Um mittlerweile 0.15 Uhr – zum Glück immer noch reger Menschenbetrieb um mich herum – erneuter Griff zum Hörer. SMS (diverse) seien abgeschickt, wird beteuert, der Versuch fernmündlicher Navigation des Umherirrenden scheitert erneut am Dämon Sprachbarriere. Als Status quo auch um 0.30 Uhr noch intakt ist, wird (latent entnervt, weil seit vier Stunden im Buswahnsinn gefangen) die Besteigung eines Taxis erwogen.
Mit dem Landsmann kann Couchnudel Diogo fließend parlieren und das Reiseziel verorten. Das funktioniert auch mehr oder weniger, allerdings muss der Taxi-Holger mehrfach nach dem Weg fragen und zweimal mein Handy benutzen (um mit Diogo Rücksprache zu halten) bis Landung erfolgt.

Dafür zeigt er Sinn für Humor: Fordert schlanke 150 Real (60 Euro) und reiht damit in der Rubrik Stundenlohn auf vergleichbarer Höhe des Mittleren Managements bei der Deutschen Bank ein. Mit Wut im Bauch und Loch in der deutschen Börse wird der Raubtierkapitalist nach Eintreffen von Navigationswunder und Verhandlungspfeife Diogo (von mir) auf 100 Steine runtergedrückt, bekommt (von mir) die Tür vor der Nase zugeknallt und es bestätigt sich, dass Diogo in seinem minutenlangen Telefonat dem Ritter von der Taxiuhr nicht verklickert hat, dass dieser doch den Touristennepp für diese Fahrt in Grenzen halten möge.
Kassensturz: Gegenüber dem Direkttaxi vom Airport wurden also stolze 7,70 Real (3 Euro) eingespart (durch zu vernachlässigenden Zeitmehraufwand von geschätzten drei Stunden aber inklusive Stadtrundfahrt im Dunkeln), gerade in Krisenzeiten ein nicht zu unterschätzender Betrag, der mir in Hamburg noch beim Dönerkauf noch hilfreich sein kann (wie ist eigentlich der aktuelle Kurs?).
Stimmung um 1.00 Uhr also knapp unter Dachgeschoss, ab auf die Couch. Die bleibt in puncto vertikaler Ausdehnung jedoch klar hinter meinen Erwartungen zurück, Kopf und Bein in erhöhter Lage sein aber gut für den Kreislauf, meint Diogo. Kennt sich in Humanmedizin also auch bestens aus...

Montag, 11. Januar 2010

Guter Einstand, Bolivien!

Starker Auftakt in Morales-Country: Nach Grenzpassage per pedes präsentiert sich schon der Busbahnhof Villazón in bolivianischer Unübersichtlichkeit. Borgmanns Basisspanisch reicht immerhin, um Busticket gen Sure zu ergattern, allerdings nicht im (einzigen) durchgehenden Bus – den wähne ich vor 37 Minuten abgefahren – sondern con Buswechsel in Potosi. Geplante Abfahrt (9.00 Uhr) bereitet aber Sorgen, denn der Chronometer zeigt 9.07 Uhr – allerdings noch argentinischer Zeit, wie mir später bewusst wird...
Alle Panik, das Gefährt zu verpassen also umsonst, pünktlich wird selbiges bestiegen (detailverliebt: Duftbaum mit US-Flagge) und auf zügige Abfahrt gehofft, denn rund 12 Stunden Fahrt sollen bevorstehen.
Zügig ist aber Essig, denn schnell stellt sich die Frage: Wo ist Oma? Meine Sitznachbarin ist nämlich mit Muttertier (Gesicht, Gestus und Gebiss lassen auf 80+ schließen) unterwegs, und selbiges zeigt sich renitent: Weigert sich, ruhig auf Platz sitzend der Abfahrt zu entgegen zu fiebern und entfleucht stattdessen wild keifend. Tochter panisch hinterher und vor dem Fenster 30minütiger Schlagabtausch der Generationen.
Ergebnis: Beide bleiben draußen, die Plätze werden aufgefüllt, denn Nachfrage ist groß – größer als das Angebot, so dass (eine andere) allein erziehende Mutter samt Nachwuchs in die Busfahrerkabine hinter dem Laderaum verfrachtet wird...

Nun denn, im bolivianischen Hochplateau führen Schotterpiste und Schlaglöcher in Badewannenformat knallhartes Regime – das reduziert sicherlich die Buslebensdauer, denke ich mir noch. Bestätigung bei der ersten Pause: Die ist reichlich lang für kurzes In-den-Busch-Pinkeln, und es wird verdächtig viel am Motor herumgefummelt. Zwar geht es weiter, doch glänzt Bus Borgmann durch passive Überholmanöver und muss nach ca. 5 Stunden Fahrt im erstbesten Dorf auf der Strecke Boxenstopp zwo einlegen.
Probleme mit der Startautomatik, lautet meine Ferndiagnose – doch die bemühte Bus-Crew sieht andere Gründe. Zwischen Schwein und Staub wird mit Nagel, Hammer, Stein und Blumendraht ein Gummiriemen (Keil- ?) geflickt, Mutter und Kind kurzzeitig an die frische Luft gelassen und nach 45 Minuten Standzeit (ohne tanken und Reifenwechsel) der Motor erneut gestartet. Meine Observation des Riemenflickens lässt allerdings nur einen Schluss zu: Das hält nicht lange!

Vorbei an Häusern aus Lehmziegeln (erstaunlich viel Leerstand) und „EVO MAS“ Plakaten reicht es immerhin bis zum Örtchen Dings, wo Infrastrukturtechnisch mehr zu gehen scheint (immerhin mehr als zwei Straßen), hier wird erneut entladen und nachhaltig Hand angelegt. Eineinhalb Stunden dauert das, während ich mich drei jungen Argentiniern mit (natürlich) rudimentären Englischkenntnissen anschließe. Zur Sicherheit erkundigen wir uns schon mal nach Alternativverbindungen (nächster Bus um 22h, also in 3 Stunden...), als der „Rote Blitz“ wild hupend und mit offener Haube (Kühlung) um die Ecke kommt.
Gegen 22 Uhr hatte man mir optimistisch eine Ankunft in Sucre in Aussicht gestellt, um 1.30 Uhr ist in Potosi (Höhenlage: 4000 Meter plus X) Endstation. Meine Anschlusstour nach Sucre (Dauer: 3 Stunden) verlege guten Gewissens ich auf den nächsten Tag und bin froh, dass ich den drei Gauchos in irgendeine dubiose Herberge folgen kann. Das 15-Bett-Zimmer im zweiten Kellergeschoss ist mit 15 Bolivianos (1,50 Euro) finanzierbar, allerdings macht sich die dünne Höhenluft bemerkbar – Treppensteigen erstaunlich anstrengend!

Erstaunlich ereignislos verläuft tags drauf dann zunächst die Busfahrt nach Sucre: Straße ist überraschend asphaltiert, dazu macht der Motor kaum beunruhigende Geräusche. Erst hinter der Stadtgrenze kehr Normalität zurück: 3 km vor Busterminal unvermittelt Stillstand neben einer Tankstelle. Das Argument, der Sprit sei ausgegangen zieht angesichts der Zapfsäule in 5 Metern Entfernung bei mir nicht. Allerdings sei auch der Motor im Eimer, heißt es weiter... Nun denn. Mit spanisch sprechender Busbekanntschaft Anna aus Berlin geht es per Taxi (6 Bolivianos – von 8 runtergehandelt!) in Richtung Hostel. Das allerdings zeigt sich wie drei vergleichbare Einrichtungen ausgebucht. Abhilfe verschafft das schäbigste Haus am Platz, wo das Doppelzimmer 3 Euro kostet, und reichlich Unterhaltung bietet:
Des Nachts wird so lange wild gegen des Nachbars Tür geschlagen, bis endlich die Glasscheibe zu Bruch geht und der dort schwelende Beziehungsstreit sich voll entfachen kann. Anrücken des Chefhoteliers ist notwendig, um den ausgesperrten Freund (Freundin offenbar die Bude verriegelt) des Etablissements zu verweisen.
Zudem zapfen örtliche Moskitos mir Blut in unangemessener Menge ab, so dass der Eröffnung einer Blutbank ansehnlichen Ausmaßes eigentlich nichts mehr im Weg stehen dürfte. Ansonsten regiert hier aber die Dentalfraktion, geschätzte 20 Zahnärzte werden mit großen Werbeschildern über der Praxistür. Die große Nachfrage, so erkläre ich mir das, kommt mit Sicherheit vom vielen Zähneknirschen frustrierter Busfahrgäste...

Mittwoch, 6. Januar 2010

Getilgt: Die Schmach von Cordoba

Auch Orte von historischer Tragweite wollen auf der borgmannschen Weltumsurfung begangen, Ereignisse zur Not auch mal nachgestellt werden. So zuletzt geschehen in Zentralargentinien, wo sich (nach silvesterlichem Engpass) auch wieder eine Couch zum surfen fand. Sofaeigentümer Emiliano präsentiert sich dabei trotz junger Jahre (22) als ausgewiesener Experte in Sachen Fußball, Grillage (Asado!), Nationalgetränke (Bier / Fernet Branca Cola), Tanzveranstaltung (Party Sonntag(!)nacht) und Landeskunde (volkswirtschaftliches Malheur der letzten Dekaden).
Entscheidender als die spontane Pesoabwertung und Privatkonteneinfrierung von 2001 (Geldwert ob nachhaltiger Staatsverschuldung spontan geviertelt, schauspielerisch aber problematisch zu imitieren) ist jedoch die gemeinhin als unnötig bezeichnete Niederlage der Mannen um Hans-Hubert „Eigentor“ Vogts gegen eine Auswahl bereits ausgeschiedener Alpenkicker (2:3) und damit das Verpassen des „kleinen Finals“ bei der WM 1978.

Gleich am Tag der Ankunft in Cordoba soll also gekickt werden, was Vagabund Borgmann zunächst schwitzen lässt. Grund: Die Anfahrt (aus Buenos Aires) verlief im Auftakt komplizierter als (trotz Sprachbarriere) erwartet...
Der eigenmächtige Erwerb einer Busfahrkarte beim (des Englischen natürlich nicht mächtigen) Busfahrkartenverkaufsschalterbeamten (ein Wort?!) gestaltete sich dabei noch überraschend barrierearm (Körpersprache auch hier gaanz wichtig!), doch die Buserstbesteigung sollte Versäumtes nachholen lassen!
Mir war auf latente Verspätung (Argentinier...) vorbereitet, vertraute jedoch (zu Unrecht!) den im Busbahnhofaußenbereich (...) befestigten Monitoren zur visuellen Busabfahrtszeitenauskunft. Dort war ein jedes Gespann samt Uhrzeit (samt Verspätung) und Abfahrtssteig vermerkt – mit einer Ausnahme... Borgmanns Bus glänzte durch Abwesenheit in der Flimmerkiste und ebenso auf den mir schriftlich avisierten Busbahnsteigen 18 bis 29.
Vehikel nach Cordoba indes fanden sich bemerkenswert viele, allerdings wollten die entscheidenden Eigenschaften „Abfahrtszeit“ und „Busunternehmen“ nicht mit „Destination“ harmonieren.

20 Minuten nach prognostizierter Abfahrt löste sich dann auch beim (verspätungs-)erfahrenen Weltumrunder die mir ansonsten mittlerweile innewohnende Tiefenentspannung, als nämlich auch der dritte Busfahrer meinem Hilferuf nach detaillierter Auskunft ob des Transportmittelverbleibs nur ein lakonisches „no se“ zu entgegnen weiß.
Hilfreich in solch Augenblicken: der menschliche Trieb der Herdentiere! Denn selbst Einheimische nehmen beizeiten den Bus nach Cordoba und hektisches Wedeln mit der Fahrkate hilft in solch Fällen, auf sich aufmerksam zu machen. Es zeigt sich: richtiger Ansatz, denn 15 Minuten später fährt el bus auf Gleis 16 (liegt nicht zwischen 18 und 29...) ein. Der Masse folgend gelangt mir somit über Umwege ins Businnere, wo Puls- und Blutdruckreduzierung einsetzen. Allerdings bleibt die erhoffte (und in Aussicht gestellte) Verköstigung im Luxusbus aus, was die Einnahme von Frühstück nach Ankunft in Cordoba zum Obligat werden lässt.

Einen kurzen Ausflug in den Stadtkern später hat sich Emilianos alter Herr „Victor“ auch schon zum unangekündigten Spontanbesuch durchgerungen und zeigt sich dabei stark an Raviolitopf und Rotweinglas. Schwächen offenbaren sich allerdings im Sektor Fremdsprachen, so dass Emiliano (nach einem Jahr Neuseeland bilingual unterwegs) sich als Sprachbarrierenüberwinder beweisen kann.
Derart gestärkt kann gekickt werden. „Rache für 78“ steht auf meinem virtuellen Stirnband und schnell zeigt sich: Die Rachnung (höhö) geht auf! Denn mangels Österreicher auf dem Feld wird das europainterne Duell mit 3:0 gewertet (Nichtantritt des Gegners) und die Konzentration kann schnell auf Ball und echte Gegner gerichtet werden. Als Chancetod Borgmann gen Ende dann auch noch (frei vor Tor) einnetzt ist fast 32 Jahre nach Schmach die Ehre des deutschen Fußballs wieder hergestellt. Lehmann hier übrigens nicht soo populär...

Bleibt noch, mein neues Lieblingsbankett zu erwähnen: Asado! Grillage auf argentinisch mit kalkulierten 800 Gramm Fleisch pro Nase („Nicht so viel, weil wir ja auch noch Salate haben“) sowie Cordobas Nactionalgesöff: Fernet Branca mit Cola auf Eis – man sagt, er habe magische Kräfte...

P.S.
Gerade auf den Seiten des Bundespresseamtes entdeckt und allen Kasselgeschädigten dringend empfohlen: http://www.spiegel.de/spam/0,1518,670153,00.html

Samstag, 2. Januar 2010

Thainachten und Buenos Neujahr

Christmas International bietet sich in Sydney, wenn auch die erwarteten Begleiterscheinungen (Sonne, Strand) ausbleiben. Grund ist Tief Dings, welchselbiges dafür sorgt, dass in meinen ersten australischen Fernsehnachriten von Flutwarnungen statt Ozonloch gesprochen wird...
Also Weihnachten an Bondi Beach (grundsätzlich überbewertet) bei klassisch Hamburger Dauerregen. Also wird die Feierei nach drinnen verlegt, wo der Grad der Internationalität deutlich wird: Neben Australiern und Germanen laufen Kandier, Tschechen, Kolumbianer, Italiener, Thaivolk und Wikinger auf (Färöer Inseln, der Typ heißt tatsächlich Olaf Olsen!).
Echte Thainachten aber erst am 26. als sich Neu-Couchsurfer Paul (mir vermutet bierinhalierenden Australier) als Thaiboy mit hohem Wärmegrad entpuppt. Die obligatorische Frage, ob seinen Rücken massieren könne, muss ich verneinen und kann dank glücklicher Schicksalsfügung für die letzte Nacht Down Under Hamburger Asyl in Anspruch nehmen.

Was folgt ist der ausgedehnte Anflug auf Buenos Aires verbunden mit dem Jetlag meines Lebens. Um 11 Uhr vormittags wird abgehoben und (Zurück in die Zukunft) um 10 Uhr am selben Tag gelandet – der Erdrotation sei gedankt!
Borgmanns Biorhythmus bekommt nachhaltig Schlagseite und kämpft sich mittagschlafend und um 5 Uhr morgens aufwachend bis Silvester. In Ermangelung einer Couch beim Gaucho musste in BsAs ein Hostel angesteuert werden (immerhin vom britischen Couchsurfer Richard empfohlen, der lebt einsiedlerisch in selbigem, Udo Lindenberg auf Low Budget). Gefeiert werden soll trotzdem Couchstyle, was dank aktiver Szene vor Ort auch machbar ist: Aixa lädt qua Forum zu sich nach hause ein und rund 35 Surfer folgen. Rückkehr zu Udo und Ende der Veranstaltung: 10 Uhr (argentinischer Zeit).

Ein Frohes Neues und nachträglich frohe Weihnachten an dieser Stelle an die 98%, denen ich selbiges noch nicht gewünscht habe!

Während parallel gestern (1.1.) die Rallye Dakar in BsAs gestartet wurde (macht ja geographisch auch total Sinn), bricht auch meinereiner auf. Gen Norden (Cordoba...) und dann nach Bolivien. Spanischkenntnisse bewegen sich dabei trotz großen angestrebten Lernpensums (aber Schwierigkeiten bei der Implementierung) noch auf bodenständigem Niveau, so dass Kommunikationsschwierigkeiten mit dem Indio vorprogrammiert sind – das wird ein Spaß!

Kurzer Rückblick noch gen China:
Neben Kälte, Jeans und Panda haben Mao Jr. und Co noch mehr zu bieten: Zum Beispiel Provinz Yunan, die landschaftlich weit vorne anzusiedeln ist. Allerdings ist der örtliche Fahrradverleih (in Dali) nicht auf Germanische Giganten vorbereitet und kann mir auf Nachfrage nach Pedalesel das Modell Schleifstein anbiedern. Das gibt Schmerz im Knie aber immerhin Sonnenbrand im Dezember (vertretbar, weil auf knapp 2000 Metern Höhe – übrigens in der Windpark-Hochburg des Chinesen!).
Weiter auf der Liste: Xi’an mit getöpferten Soldaten, die leider nur auf Bildern (dort nämlich mit rekonstruierter Farbgebung) wirklich beeindruckend aussehen. Dafür ergeben sich Einblicke in Alltagsprobleme junger Franzosen in China: Der MBW von Couchsurfer Pierre (Damien mit Namen) hat sich eine hübsche Örtliche angelacht, die allerdings eher von der konservativen Schule ist. Soll heißen: Vor der Ehe läuft nichts. Oder wie Jaques es in seinem limitierten Englisch sagt (sein Chinesisch ist besser!): „We dö a lot of sings, böt I can nöt enter.“ Entwaffnende Ehrlichkeit, was soll man da hinzufügen?
Bleibt die Mauer, die wirklich was kann! Sehr zu empfehlen: Erstbesteigung mit Chinesen (um Verhandlungen mit Taxifahrer zu führen) und Engländer (um dem Chinesen kollektiv das Konzept des Sarkasmus näher zu bringen). Das verspricht großen Spaß, auch wenn aufstehen um 4.30 Uhr angesagt ist...
Es bleibt im Nachgang festzuhalten: Sarkasmus ist dem Chinesen – und weiten Teilen der südostasiatischen Kultur fremd. Gerade Mao Jr. fehlt der Zugang zur Selbstironie (eklatante Schwäche!), was die Idee zu folgender Forschungsarbeit in mir wachsen lässt: „Komparative Humorstudien unter besonderer Berücksichtigung der chinesischen Sarkasmusimmunität“.

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Montag, 28. Dezember 2009

Beschäftigungstherapie in KL

Sprach ich zuletzt vom „überforderten“ Bodenpersonal in Jakarta? Das muss ich – eines besseren belehrt – zurücknehmen! VOLLKOMMEN UNFÄHIG sind die, das sucht seinesgleichen in der Welt des kommerzialisierten Personentransports!
Was war geschehen? Nach Einkassieren der horrenden Flughafenbearbeitungsgebühr war die Tickettrulla so frei, mein Gepäck trotz offensichtlich zusammenhängenden Tickets (Jakarta => Kuala Lumpur => Sydney mit knapp einer Stunde Aufenthalt beim Malayen) nur mit einem Aufkleber bis „KL“ zu versorgen. Auffliegen tat die Sache ansatzweise im Flieger, als mir identischer Gepäckaufkleber auf meiner Ticketrückseite ins Auge stach. „Das könnte interessant werden“, denk ich noch bei mir und wende mich nach erfolgreichem Landeanflug an das örtlich zuständige Bodenpersonal.
Der Malaye im farbenfrohen türkisenen Sakko (mit Corall gewaschen?). Dort entsteht Gewissheit: Mein Rucksack wird nicht den von mir vorgesehenen Weg durch die malaiischen Flughafenverdauungstrakt gen Sydneyflieger nehmen, sondern fachgerecht aufs Gepäckband hinter dem Einreiseformalitäten beordert...
Mir wird vom nächsten Schalterbeamten erläutert, ich müsse also (binnen 45) Minuten meinen Weg hinter die Grenzbeamten schaffen (Level 1), dort meinen Rucksack abfangen, wieder zum Check-In-Schalter (Level 5), um mein Gepäckstück auf die Reise gen Australien zu schicken, und dann mich selbst auf die Reise zum Abflugterminal C begeben. Das ist per „Monorail“-Bahn zu erreichen – um ein Gefühl für Entfernungen zu vermitteln...

Ach ja, eine nachträgliche Umleitung meines Rucksacks in die richtige Maschine sei natürlich unmöglich.

Kooperativ zeigt man sich zunächst an der Einreiseschranke. Freundlich werde ich darüber aufgeklärt, dass ich mein Gepäck auch direkt nach Sydney hätte verflugzeugen lassen können. Wirklich?, denke ich mir. Das ist mir neu, dass Fluglinien (beide Flüge mit Malaysia Airdings) dazu mittlerweile in der Lage sind! Dennoch bekommen ich unter mitleidigen Blicken ein malaiisches Visum im Schnelldurchlauf und den dezenten Hinweis, dass ich noch 35 Minuten bis zum Abflug meines Vogels habe...
Zeit zum Verschnaufen bietet sich un(v)erhofft an Gepäckbank 3, an dem bislang nämlich ausgedehnte Feiertagsstimmung herrscht: kein Gepäck so far. Dafür ein neuer Froschkönig im türkisenen Gewand. Sein Funkgerät bringt mich auf die Idee, er könne – nachdem ich ihm meine Geschichte dargelegt habe – ja vielleicht einen Check-Heini schon mal fernmündlich über meine verspätete Extrarunde informieren. Kann er nicht, warum auch – gehört ja nur zum selben Verein.
Dafür beziffert er meine Chancen, mit Gepäck in Sydney zu landen auf den niedrigen zweistelligen Prozentbereich. „Sie sollten sich entscheiden, ihr Flugzeug zu bekommen oder ihr Gepäck zu holen. Es sind ja nur noch 30 Minuten bis zum Abflug.“
Fünf Minuten Wartezeit könne ich mir erlauben, wird kalkuliert, die gebe ich meinem Rucksack – das hat er sich hart erarbeitet in den letzten fünf Monaten! Und ganz im Sinne eines Miroslav Klose in Bestform rechtfertigt er mein Vertrauen. Taucht unvermittelt auf dem Gepäckband auf und mir beschleunigt gen Check-In-Bereich auf Level 5.

Am Schalter für die Business-Klasse vermute ich die wenigsten Passagiere und kompetentes Personal, also vorgedrängelt zur erstbesten Check-In-Beauftragten. Nach der zweiten Darlegung der Cuasa Borgmann vermeldet die Dame, der Flug sei schon „closed“, wofür ich Verständnis äußere, schließlich sei im Flugplan wohl auch nicht vorgesehen, dass Passagiere beim Umsteigen zunächst ihr Gepäck aus fremdem Hoheitsgebiet holen müssten...
Es folgen eine Denkpause und der Dem Griff zum Telefon sowie die Anweisung, einem der Gepäck-Sherpas zu folgen – es geht zur Sperrgepäckaufgabe, bei der ich mit einem Lächeln begrüßt und in der selben Sekunde auch wieder verabschiedet werde. Schließlich muss ich innerhalb von 20 Minuten noch durch die Osama-Schranke (oder jetzt Nigeria-Schranke) und zu Gate C 25 hetzen. Gut zu Fuß (mehrfach exkursionserprobt) drängle ich mich also bei Ticket- und Körper-Checks vor. Doch das hier ist noch nicht Terminal C, da fehlt ja noch die (eingedeutscht) Einschienenbahn...
Auf die muss natürlich gewartet werden, allerdings werde ich dann auch direkt vors Gate kutschiert. Vollgeschwitzt der letzte Sicherheitscheck, und ich sehe sogar noch andere Passagiere vor mir einsteigen. Die letzte Kleinfamilie musste zudem Wasser, Kaffee und Cola in Quarantäne geben – die sind mir 10 Minuten vor Abflug gern gesehene Beute. Moral 1 von der Geschichte: Einchecken zweieinhalb Stunden vor Abflug ist totaler Blödsinn – knappe 30 reichen völlig... Moral 2: Air Malaysia ist zwar extrem heimstark (wurde exzellent durch den Fughafen gelenkt), kann auswärts (speziell Jakarta) aber mal gar nix!

Bleibt noch aufzuklären, warum chinesische Jungspunde mit blanker Waffe durch den Bus laufen (eine Art permanent offener Hosenstall): Nunja, der Gebrauch von Windeln scheint dortzulande nur von bestimmten Bevölkerungsgruppen gutgeheißen zu werden. Deutlich beliebter ist dagegen (im Falle der juvenilen Notdurft), den Bengel a) in den Eingangsbereich des Busses zu verfrachten, und dort dem Druckabbau freien Lauf zu lassen (so gesehen auf der Rückfahrt vom Pandarefugium in Chengdu)), oder b) ihn (wenn das ganze Open Air stattfindet) über eine nahe gelegene Mülltonne zu halten.
Letzteres ist – dank rückwärtig dauergeöffneter Hose – auch bei größeren Verdauungsaufgaben möglich, konnte von mir allerdings (zum Glück!) nicht im Bus bestaunt werden...
Ein Höchstalter (also einen Zeitpunkt, wann Bequemlichkeit nudistischer Scham weicht) für die öffentliche Pillemannpräsentation konnte ich allerdings nicht herausfinden. Hier gilt es wohl, von Fall zu Fall neu zu entscheiden und dem Junior vor die Wahl zu stellen: Lernen anzuhalten, oder halb entblößt im ÖPNV zu sitzen – vielleicht führt dieser Druck der öffentlichen Blamage zu einer schnelleren Gewöhnung an die übliche Toilettenbenutzung, als ein durch Windelbenutzung bedingte dicker Po unter der Hose.

Vorausschauend auf den nächsten Eintrag schonmal eine neue Wortschöpfung: Thainachten...

Mittwoch, 23. Dezember 2009

Pandas haben übrigens nur Flausen im Kopf

Kohle fordern aber kein Wechselgeld haben – die sind mir spaßig! Die Rede ist vom überforderten Bodenpersonal am Flughafen Jakarta. Das ist qua Order from the Muffti angehalten, von Passagieren mit internationaler Destination schlanke 150.000 Rupien (immerhin elf Euro) Bearbeitungsgebühr einzufordern (seit März 2009 – vielleicht eine Klimaabgabe für Tuvalu?). Nach derer 30.000 auf Bali war mir immerhin vorbereitet – allerdings nicht auf Beträge, die einem signifikanten Anteil des indonesischen Staatshaushalts entsprechen!
Soll heißen: 120.000 Steine hatte mir noch im Geldbeutel, dazu ständig an Wert verlierende US-Währung. Auch damit könne ich zahlen, beruhigt die Schalterine – will allerdings passend 18 Dollar haben. Beim Blick auf meinen Fünfziger sagt mir eine Stimme, dass wir uns auf Konfrontationskurs befinden, und die soll Recht behalten. Obwohl die Kollegin von Malaysia Airlines garantiert schon andere Passagiere um ihr Erspartes gebracht hat, verweigert sie hartnäckig die Wechselgeldherausgabe und legt mir stattdessen den Gang zur Wechselstube nahe...
Widerwillig aber alternativlos erwirbt mir sinnlos Indonesische Rupien, um sie dem Administrativdrachen (an der Stelle Dank an Frau Schaper für diese Wortschöpfung!) in den gierigen Feuerschlund zu schleudern. Bei der Boardingpassübergabe (ein...) fragt mir sicherheitshalber nach, ob es sich bei Reihe Dings und Bums denn auch um die erbetenen Notausstiegsluken handelt. „Oh, you wanted Emergency Exit?“, zeigt man sich jenseits der Schalterbarriere überrascht. Ja, wollte ich. Um präzise zu sein war das das Einzige, was ich erbeten hatte. Kann man bei dem ganzen Trubel ja mal überhören. Statt in Klimawandel gehören die Moneten also eher in Fortbildungsseminare investiert.

Doch zurück nach China. Nach Duisburg zwo ward mir nach sauberer Luft, und die findet man laut Einheimischer Beratschlagung in Chengdu – dort sind die Mädchen sogar berühmt für ihre reine Haut (wegen der Luft). Ich also hin da.
20 Stunden Zugfahrt trotzen mir seit Indien ja auch nicht mehr als ein müdes Gähnen ab, auch wenn Reisezeit und Entfernung in keinem Verhältnis zueinander stehen. Das Tempo der Züge unterscheidet sich hier aber ganz massiv voneinander – und man weiß nie so genau, ob Zug „T“ oder „S“ oder „Dings“ jetzt der schnellere ist...
Whatever, in puncto weiblicher Optik reiht sich Chengdu jedenfalls irgendwo im chinesischen Mittelfeld ein, dafür beherbergt es die größte Pandaaufzuchtsstation (...Wort) des Landes und damit der Welt. Richtig, ich also hin da...
Und was hat der Panda? Wieder richtig, nur Flausen im Kopf! Zumindest wenn er zur weit gefassten Gruppe der Heranwachsenden gehört. Dann nämlich besteht die Hauptaufgabe von „Ailuropoda melanoleuca“ darin, den ganzen Tag Blödsinn zu machen. Soll heißen: Zu zweit versuchen auf einen Baum zu klettern und sich dabei gegenseitig andauernd wieder hinunterzuwerfen, sich gegenseitig von kleinen Hängebrücken schubsen, rollen, plumpsen, gegeneinanderrennen – Unsinn kann so vielfältig sein...
Ansonsten scheint der Panda eher ein evolutionstechnisches Pilotprojekt zu sein. Da läuft in der Entwicklungsphase so ziemlich alles schief, was schief laufen kann: Braucht ewig, bis er (eher SIE) werfen kann (nicht Steine, das können beide nicht), rollig ist ER nur ganz selten (da müssen sich erstmal zwei finden...), Junior hat Streichholzschachtelformat wenn er zur Welt kommt (und das fast immer nur alleine) und dann ist er für ungefähr soundsoviele Monate ein totaler Betreuungsfall. Was für Aussichten...

Aber süüüüß sind die!

Auch beim Thema Tarnung hat das Konzept „Natürliche Auslese“ nicht richtig gegriffen – denn was macht ein schwarz-weißer Fellmops im grünen Wald? Wieder richtig, auffallen wie Bolle! Weil Pandas zudem katastrophal schlechte Autofahrer sind, kein Talent für Fremdsprachen haben und selbst simplere Funktionen zweiten Grades nicht ohne Taschenrechner ableiten können, steht mein Urteil fest: Da hat sich Mutter Natur einen ganz schlechten Scherz erlaubt (suchte vielleicht nur jemanden, der Bambus futtert?)!
Deswegen also muss Homo sapiens in Bresche springen und die Bälger aus dem Wald in die Pandaaufzuchtsstation verlagern, ihnen (so geschehen im Zoo von Bangkok) Pandapornos zeigen, damit sie endlich mal zur Sache kommen und nicht eine Partnerschaft führen, wie nur Loriot sie sich ausdenken kann. Manmanmanman...

Aber süüüüß sind die!

Und machen so viel Blödsinn (auf Video gebannt). Deswegen unterstütze ich die Pandaaufzucht auch (durch den Kauf eines Stoffpandas), selbst wenn der pummelige Schwarz-Weißling ab und an zu Propagandazwecken herhalten muss. Aber zu irgendwas müssen die Biester schließlich gut sein.

Next time: Warum Kleinkinder in China auch im Winter mit blanker Waffe durch den Bus laufen... (vielleicht mit Fotos?)

Dienstag, 22. Dezember 2009

Chindonesien

Weiter geht’s mit dem intellektuellen Spagat zwischen China-Aufarbeitung und Gegenwartsbewältigung in den Tropen! Während sich hier (in Ubud (nicht U-Boot, die Zeiten sind vorbei!) auf Bali) das Scheitern des Klimagipfels umgehend bemerkbar macht (Humidität auf Rekordniveau – vielen Dank, Tuvalu! Deine PSKW), feixt der Chinese, dass er so was wie Jahreszeiten hat. „Noch!“, möchte ich ausrufen. Stimmt aber gar nur halb, das mit den kinesischen Klimakillern – die haben nämlich kräftig an der gesetzlichen Stellschraube gedreht und sind in puncto Ökorecht nah an europäischen Standards. Zumindest auf dem Papier (das hat in China grundsätzlich einen roten Stempel zu haben, sonst ist es hier kein Gramm Entenblut wert!), es hapert noch bei der Implementierung.
Genug aber von Weltklima und Schachtelsätzen, es soll weiter aufgearbeitet werden:
Nachdem Shanghai also gefühlt schon in den Fluten versunken ist, gibbet dort auch nicht mehr viel zu holen, also brach sich Weltenbummler Borgmann auf nach Hangzhou. Das, so hat der Chinese (Singularis generalis) qua Befragung geurteilt, sei die lebenswerteste Stadt im Reich der Mitte. Hat auch Charme und vor allem nen großen See am Cityrand, der Erinnerungen an die gute alte Alster aufkommen lässt (die klauen auch alles hier...).
Erkenntnis zudem: Auch der Chinese verkauft (wie der Germane) Zugtickets ohne automatische Platzreservierung (allerdings rechnet der Germane nicht damit). So geschehen, als Bilinguist Borgmann all seinen Mut und seine Chinesischkenntnisse zusammennimmt, um wagemutig am Bahnhof Shanghai Süd seine Fahrkarte gen Hangzhou zu buchen. Die Folge: Während der nächsten 1,5 Stunden wird im Wagon-Zwischenbereich gestanden – unmittelbar neben dem Heißwasserspender, der für das Überleben der reisenden Bevölkerung hier unentbehrlich ist: Die könnte ansonsten nämlich ihre Fertignudelgerichte nicht entdrögen (Riegel Dröge grüßt) und müsste jämmerlich verhungern!

Doch es drängt den Reisenden fort von der kapitalisierten Ostküste. Wuhan soll es sein, wo es auch gleich ein böses Erwachen gibt. Denn meine recht sicher zugesagte Couch entpuppt sich als doch nicht so recht sicher zugesagt, Rückmeldung der Gastgeberin in spe bleibt aus (folgt dann 5 Wochen später – zu spät, munkelt man). Also muss eine Nacht im örtlichen Kongresshotel verbracht werden, was mit 20 Euro pro Nacht finanzierbar erscheint. Trotz luxuriösen Interieurs, Fachsprache Englisch scheint in Wuhan nur bedingt angekommen zu sein. So hilft Langenscheidts „Picture Talk“ auch an der Hotelrezeption und mit umgeschriebenem Notizzettel aus Hangzhou bewaffnet gelingt sogar der Fahrkartenkauf für den nächsten Tag.
Zuvor ist allerdings ein Besuch des „Gelben Kranichturms“ obligatorisch – taucht sich immerhin sogar in taiwanesischen Schulbüchern auf! Dabei deutet sich auch schnell an, warum Wuhan und Duisburg Partnerstädte sind: Der Charme von Industriefluss und Schwermetall liegt über allem, fehlt nur ein mittelklassiger Fußballverein. Auch der geplante Blick vom obersten Stockwerk des Kranich-Getürms auf das gegenüberliegende Flussufer gestaltet sich problematisch. Smog ist das Stichwort, auch weil Wuhan – in bester chinesischer Großstadttradition – gerade mal wieder baut (Hochbahn). Die bauen hier immer und überall irgendwas!
Doch ohne adäquate Unterkunft macht das Städtehopping auch wenig Sinn. Am Nachmittag vor der Abfahrt lerne ich zumindest noch von Couchsurferin Lei (couchlos, bot aber Kaffeetreffen an) im örtlichen Museum für Geschichtsumschreibung (nein, so schlimm ist es nun auch nicht, nur der zarte Unterton der Teilzeitpropaganda klingt allenthalben durch) ein wenig über die Stadthistorie. So war Kollege Mao ein großer Wuhan-Fan (ehedem ein Praktikum in Duisburg), schwamm begeistert durch den gelben Fluss (was sein hohes Alter von 82 Jahren beim Ableben mysteriös erscheinen lässt) und wollte seine kommunale Badeanstalt Gerüchten zufolge auch zur Hauptstadt machen – scheiterte damit aber offenkundig (und vermutlich am Ministerium für (gegen?) eklatante Geschmacksverirrungen).
Abschließend hervorzuheben: In 2 Tagen Wuhan ist mir nicht ein einziger Europäer begegnet – und spätestens jetzt dürfte klar sein, warum Duisburg die Partnerstadt ist...

P.S.
Fotos dauern noch ein wenig...